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Die Faszination des Mondes
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Ausdruck vom 15.03.2024
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Die Geschichte der Mondkarte

Beitrag von Manfred Holl

Der Mond hat die Menschen schon immer in ihren Bann gezogen und fasziniert. Schon in der Jungsteinzeit hat der Mond seine magische Wirkung auf uns gezogen.

Manfred Holl, ein Sternfreund von mir, interessiert sich für die Geschichte in der Astronomie und hat einen sehr schönen Artikel dazu auf seiner Internetseite verfasst.
Er hat mir die Genehmigung erteilt, seine Beitrag hier zu veröffentlichen. Danke dafür !

Vorteleskopische Ära

Der Mond gehört zu den Objekten am gestirnen Himmel, welche schon die Menschen des Altertums fasziniert und zu kultischen Handlungen animiert hat. Archäologische Grabungskampagnen führten Knochenfunde zutage, die darauf hindeuten, daß in der Jungsteinzeit, vor rund 5000 Jahren, der Mond und seine Phasengestalt erkannt wurden. Daraus entstand möglicherweise sogar ein erster Mondkalender.

Später entwickelten sich daraus regelrechte Mondkulte, und auch das Kalenderwesen richtete sich zum Teil nach dem Mond aus. So galt er im alten Ägypten zusammen mit der Sonne als das Augenpaar des falkengesichtigen Himmelsgottes Horus, während man ihn gleichzeitig, zumindest zeitweise, zur Kalenderbestimmung benutzte. In Mesopotamien, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, konnten Gelehrte, hauptsächlich in Babylon und Uruk, anhand von Mondtafeln die Verfinsterungen von Sonne und Mond vorausberechnen, wohingegen man im antiken Griechenland erste Schritte unternahm, um seine Entfernung zur Erde abzuschätzen. Das kaiserliche wie das republikanische Rom vermochte dem kaum neues hinzuzufügen. Das blieb im wesentlichen so bis etwa Anfang des 17. Jahrhunderts.

Leonardo da Vinci (1452-1519)

Als einzige zeichnerische Darstellung des Mondes aus der vorteleskopischen Zeit sind Skizzen des Universalgenies Leonardo da Vinci (1452-1519) bekannt, die aber kaum mehr als das bekannte "Mondgesicht" während Vollmond und Letztem Viertel zeigen. Daß es keine anderen Aufzeichnungen von mit bloßem Auge beobachteten Mondphasen gegeben hat, ist eher unwahrscheinlich, doch sind sie bis zum heutigen Tage verschollen oder verlorengegangen.

Hans Lipperhey (gest. 1619)

Erst die Erfindung des niederländischen Brillenmachers Hans Lipperhey (gest. 1619) sollte zu dramatischen Veränderungen im Weltbild und der Auffassung der Wissenschaft gegenüber den beobachteten Himmelskörpern führen. In Wesel geboren und seit 1594 in Middelburg wohnhaft, bot er am 2. Oktober 1608 den niederländischen Generalstaaten ein aus zwei Brillengläsern bestehendes Teleskop zum Patent an.

Obwohl sich Lipperhey gegenüber den Vertretern der sieben niederländischen Provinzen zum Stillschweigen verpflichtete, man befand sich nämlich gerade im Unabhängigkeitskrieg mit der spanischen Krone, drang die Kunde über die Erfindung eines vergrößernden Apparates weit über die Grenzen der Niederlande hinaus.

Teleskopische Beobachtungen - Das 17. Jahrhundert

Galileo Galilei (1554-1642)

In Italien erhielt Galileo Galilei (1554-1642) Anfang 1609, im April oder Mai, Kenntnis über die Erfindung des Fernrohres und konnte bereits am 21. August ein eigenes Instrument venezianischen Patriziern vorführen. In seiner im März 1610 erschienen Schrift "Sidereus Nuncius" berichtete er von Beobachtungen, die er beispielsweise am Mond unternommen habe. Die erste Beobachtung datiert vom 30. November 1609, wo er den vier Tage alten Mond im Okular verschwommen sichtete. Vollkommen richtig deutete er dabei den Terminator als das Gebiet auf der Mondoberfläche, wo sich gerade die Sonne über den Horizont erhebt.

Was die Sorgfalt der Beobachtung angeht, war Galileo Galilei sicher vielen Gelehrten seiner Zeit weit voraus, doch was die genaue Datierung seiner Aufzeichnungen darüber anbelangt, war er weniger genau. So gibt es in "Sidereus Nuncius" außer einer Beschreibung der gesehenen Formationen (Krater, Ringgebirge) auch erste Skizzen des Erdtrabanten, die jedoch kein Datum tragen. Wissenschaftshistoriker nehmen aber an, daß diese an drei aufeinanderfolgenden klaren Abenden am 1., 2. und 3. Dezember 1609 entstanden und weitere am 18. und 19. Dezember. Die für den Druck seiner Schrift letzte Zeichnung entstand dann am 19. Januar 1610.

Sie alle zeigen zwar viele interessante Einzelheiten (hauptsächlich eine überdimensionierte Darstellung des Kraters Tycho), sind aber von "Landkarten" des Mondes noch weit entfernt. Die Formationen sind am Anfang nur schwer zu identifizieren, wobei es sich um Wiedergaben des Mare Imbrium, Oceanus Procellarum oder der Alpen handeln dürfte. Anscheinend konnte Galilei aber sein zeichnerisches Talent rasch fortentwickeln, denn schon die Zeichnungen vom 18. Dezember 1609 und 19. Januar 1610 zeigen, im Vergleich zur modernen Fotografie, erstaunlich viele Details, beispielsweise die Krater Purbach, Regiomontanus, Walter, Deslandres und Albategnius. Freilich gab es zur Zeit Galileis diese Bezeichnungen noch nicht, sie wurden erst in kommenden Jahrhunderten eingeführt!

Thomas Harriot (1560-1621)

Die Nachricht über die Erfindung eines vergrößernden Linsenapparates gelangte, möglicherweise sogar eher als nach Italien auch nach England, wo Thomas Harriot (1560-1621) in Syon nahe London sein Fernrohr etwa vier Monate vor Galilei auf den vier Tage alten Mond richtete. Er erstellte ebenfalls erste Zeichnungen seiner Oberfläche. Dabei weisen diese schon mehr Einzelheiten auf. So lassen sich auf Darstellungen vom 12. und 13. September 1609 ohne Schwierigkeiten große Maria (Mare Crisium, Mare Serenitatis, Mare Tranquillitatis und Mare Feocunditatis) und auf einer Karte des Vollmondes auch Mare Frigoris ausmachen.

Als Harriot im Herbst des Jahres 1610 eine Abschrift von Galileis "Sidereus Nuncius" erhielt, erwachte sein inzwischen eingeschlafenes Interesse an teleskopischen Beobachtungen des Mondes von neuem und so entstanden 1611 und 1612 mit verschiedenen Beobachtungsinstrumenten eine ganze Reihe von Zeichnungen, wobei insbesondere die vom 14. Dezember 1611 von Bedeutung sind. Sie enthalten nahe des Mondnordpols die mit Sinus Roris und Mare Frigoris bezeichneten Regionen, woraus sich rekonstruieren läßt, daß Thomas Harriot hier als erster eine Libration des Mondes in Länge beobachtet hat, was er freilich noch nicht erkannte.

Cesare Lagalla

Die erste richtige Mondkarte, die diesen Namen auch verdient, dürfte von Cesare Lagalla, Philosophieprofessor an der Universität zu Rom, stammen. Er veröffentlichte sie 1612 in seinem in Venedig erschienenen Buch "Disputatio physica de phaenomenis in orbe lunae". Leider weiß man über die Karte selbst und deren Umfang nur soviel, daß sie im Quartformat vorlag.

Christoph Scheiner S. J. (1575-1650)

Im darauffolgenden Jahr gelang dem Ingolstädter Jesuitenpater Christoph Scheiner S. J. (1575-1650) ebenfalls eine Zeichnung der Mondoberfläche, bei der sich neben anderem die Krater Aristoteles und Eudoxus identifizieren lassen.

In Büchern von Charles Malapert, Guiseppe Biancani und Christopher Borri erschienen bald weitere Zeichnungen des Mondes vom 19. November 1619, Anfang 1620 bzw. Juli 1627, die aber von ausgesucht schlechter Qualität und mit dem Arbeiten Galileis und Scheiners nicht zu vergleichen waren.

Pierre Gassendi (1591-1655) und Nicolas Claude Fabri de Peiresc (1580-1637)

In diesem Jahren fanden sich der französische Mathematikprofessor und Astronom Pierre Gassendi (1591-1655) sowie dessen Freund und Förderer astronomischer Aktivitäten Nicolas Claude Fabri de Peiresc (1580-1637) zusammen, um die Längendifferenz zwischen Aix-en-Provence und Paris zu bestimmen und zwar über dem Umweg über eine totale Mondfinsternis. Dabei wollten sie ermittelten, zu welchen Zeiten markante Punkte auf der Mondoberfläche vom Erdschatten bedeckt wurden, soweit dies mit den damaligen Teleskopen überhaupt möglich war. Voraussetzung hierfür waren jedoch hinreichend genaue Mondkarten. Es ergab sich, daß kurze Zeit später der Artist und Graveur Claud Mellan (1598-1688) zu ihnen stieß und tatsächlich kamen mit Hilfe eines 1634 selbst gebauten galileischen Fernrohres drei Gravuren des Voll- und des Halbmondes zustande, die viele Einzelheiten am Terminator und im Mare Imbrium aufweisen. Während jedoch Gassendi alsbald mit der Ausarbeitung einer Nomenklatur für die Regionen der Mondoberfläche begann, starb Peiresc im Jahr 1637. Das erste, wenn man so will, interdisziplinäre Forschungsprojekt endete somit ohne konkretes Ergebnis, denn außer den genannten entstanden leider keine weiteren Gravuren.

Michael Florent van Langren (1600-1675)

Im Jahr 1628 präsentierte Michael Florent van Langren (1600-1675), ein Brüsseler Jesuitenpater, Mathematiker und Kosmograph am Hofe des spanischen Königs Philip IV. der Königin Isabella eine 35,5 cm durchmessende Mondkarte, die immerhin 270 Eintragungen enthielt.

Ähnlich wie Gassendi, Peiresc und Mellan versuchte van Langren, Längendifferenzen auf der Erde aus der Beobachtung totaler Mondfinsternisse abzuleiten. Der spanische König Philip III. hatte bereits Jahre zuvor einen Preis von 6000 Dukaten für denjeniegen ausgesetzt, der dieses Problem als erster löst.

Auch Langrenius benötigte für dieses Unternehmen genaue Karten und so versuchte er sich zunächst - erfolglos - in der Konstruktion eines Mondglobus. Die Arbeit kam nur schleppend voran, zwar lagen ihm 1643 bereits 30 Zeichnungen des Mondes vor, doch zauderte er, das Werk zu vollenden, wohl auch, weil seine bisherige Patronin Königin Isabella von Spanien 1634 plötzlich und unerwartet verstarb. Daher langte es nur für eine relativ zusammenhanglose Sammlung einiger Zeichnungen und einer Nomenklatur, die sich an biblischen Gestalten orientierte, wie Mare Eugenianum, Mare Philippicus, Terra Pacis oder Terra Dignitatis.

Erst als van Langren die Nachricht erhielt, daß Juan Caramuel y Lobkowitz (1606-1682) und Johannes Hevelius (1611-1687) ihrerseits ebenfalls an der Herstellung von Mondkarten arbeiteten, erwachte in ihm wieder das Interesse, seine ursprünglichen Beobachtungen und Zeichnungen fortzusetzen.

1645 wurden sie dann unter dem Titel "Selenographia Langrenia" herausgegeben. Unter den Zeichnungen befand sich auch jene, die van Langren 1628 der Königin Isabella gewidmet hatte. Der dazugehörige beschreibende Text konnte allerdings nicht mitgedruckt werden, da hierfür das Geld fehlte.

Die Zeichnungen selbst waren von einer Brillanz, daß sie Vergleiche mit den Ergebnissen von Hevelius und Giovanni Battista Riccioli (1598-1671) nicht zu scheuen brauchten.

Die Herausgabe der van Langrenschen Mondkarten führte nun dazu, daß auch andere Beobachter begannen, ihre Fernrohre auf den Mond zu richten und die gesehenen Einzelheiten auf dem Papier festzuhalten, wie der böhmische Kapuzinermönch und Fernrohrbauer Anton Maria Schyrlaeus de Rhaetia (1597-1660), der noch im Jahr 1645 eine kleine Sammlung an mehr oder minder genauen Zeichnungen veröffentlichte.

Francesco Fontana (1585-1656) und Eustachio Divini (1610-1685)

Während dessen erschienen in Italien weitere, mit mehr oder minder detailreichen Angaben versehene Mondkarten. 1629, 1630 und 1646 von Francesco Fontana (1585-1656) und 1649 eine vom Rechtsanwalt Eustachio Divini (1610-1685), der den Mond mittels eines selbstgebauten Fernrohres beobachtete und auch noch selbst die kupfernen Druckplatten herstellte.

William Gilbert (1540-1603)

Erst 1651 lag das Buch "De mundo nostro sublunari" des englischen Arztes, Naturforschers und Entdeckers des Erdmagnetismus William Gilbert (1540-1603) in gedruckter Form vor. Es enthielt neben einer aus dem Jahr 1600 stammenden Mondkarte, auf der allerdings nur sehr grobe Einzelheiten auszumachen sind, erstmals die Bezeichnung der hellen Gebiete der Mondoberfläche als Meere und die dunklen als Land. Die Gebiete umfaßten im wesentlichen die als "Mondgesicht" bekannten Bereiche der Mondoberfläche, die er mit so phantasievollen Namen wie Regio Magna Orientalis, Regio Magna Occidentalis, Centinens Meridonalis, Insula Longa, Insula Borealis, Insula Medilunaria, Britannia, Promentorium Borealis, Mare Medilunairum, Sinus Orientalis, Cape Bicke und Cape Longum belegte. Sowohl die Karte als auch Gilberts Versuch einer ersten Nomenklatur blieben, hauptsächlich wegen des späten Erscheinungszeitpunktes des Buches, weitgehend unbeachtet.

Johannes Hevelius

Der erste Astronom, der sich näher mit dem Mond als Himmelskörper beschäftigt und dabei mehrere Mondkarten vergleichsweise hoher Präzision hergestellt hat, ist Johannes Hevelius, gen. Hewelcke.

Am 28. Januar 1611 in Danzig geboren, galt sein ausschließliches Interesse zwar nicht der Beobachtung des Mondes allein, er hat dennoch dazu beigetragen, dessen Erforschung entscheidend voranzutreiben.

Nach dem Besuch des Akademischen Gymnasiums zu Danzig (1617-1623 und 1627-1630) studierte er 1630/31 in Leiden Jura, wobei er aber seine schon während der Schulzeit begonnenen astronomischen Beobachtungen fast vollkommen einstellen musste. 1634 kehrte er nach Danzig zurück, um, dem Wunsch des Vaters entsprechend, in dessen Brauerei eine kaufmännische Lehre zu beginnen und sich gleichzeitig in die Kunst des Bierbrauens einführen zu lassen.

Fünf Jahre später nahm ihm dann sein alter Lehrer Peter Crüger (1580-1639) am Sterbebett das Versprechen ab, sich fortan mehr auf seine eigentlichen Neigungen und Fähigkeiten zu besinnen. So kam es, daß Hevelius schließlich damit begann, langbrennweitige Linsen zu schleifen, Quadranten und Sextanten zu bauen. Ab 1651 stand ihm sogar eine eigene Sternwarte zu Verfügung, auf der er vorwiegend Sonne, Mond und Planeten beobachtete. Durch einen Brand im Jahr 1665 wurde das Observatorium mitsamt den darin aufbewahrten Instrumenten und Aufzeichnungen völlig zerstört. Mit Hilfe von Freunden und den Königen Polens und Frankreichs, die zu seinen Bewunderern zählten, konnte die Sternwarte bis 1681 wieder aufgebaut werden, nun jedoch mit wesentlich kleineren Instrumenten als zuvor ausgestattet.

Von den vielen Schriften, die Hevelius in seinem Leben verfaßte, interessiert uns vor allem seine "Mappa Selenographia" aus dem Jahr 1647. Sie enthielt neben einer 25 cm durchmessenden Mondkarte, die aus Beobachtungen mit azimutal (!) montierten Fernrohren von 2,5 und 3,5 m Länge, resultierte, insgesamt zwei Zeichnungen des Vollmondes und 40 mit unterschiedlichen Phasengestalten, die zwischen November 1643 und April 1645 entstanden waren. Die darauf erkennbaren Details sind schon erstaunlich genau wiedergegeben und zeugen von einem großen Beobachtungs- und Zeichengeschick.

Der begleitende Text zu den Zeichnungen ist jedoch an manchen Stellen, beispielsweise im Gegensatz zu den Erläuterungen van Langrens, weniger treffend. So hätte er in seinen großen Teleskopen, trotz der sicher noch mangelhaften Linsenqualtität, erkennen müssen, worum es sich bei den Strahlen, die vom Krater Tycho ausgehen, handelt. Er beschrieb sie als Gebirgsketten und so sind sie auch eingezeichnet. Außerdem enthalten die Hevelschen Karten eine gewisse Anzahl nicht vorhandener Krater, worin er sich allerdings kaum von anderen Mondzeichnern seiner Epoche unterscheidet.

Darüber hinaus führte Hevelius in seiner "Mappa Selenographia" eine Nomenklatur der Mondformationen ein, wobei er es aber strikt vermied, wie van Langren, Namen aus der Bibel heranzuziehen, sondern diese aus irdischen Pendants herleitete. Insgesamt 285 Bezeichnungen vergab er für die Regionen und Krater auf der Mondoberfläche. Sie war für viele Jahre die beste Beschreibung der im Fernrohr sichtbaren Einzelheiten auf der Mondoberfläche. Dennoch konnte sie sich auf lange Sicht nicht vollständig durchsetzen. Geblieben sind uns davon die Mondalpen, Kaukasus, Altai, Haemus, Balkangebirge, Karpaten, Riphäen, Ural und die Mondapenninen.

Zum Druck der "Selenographia" hatte Hevelius übrigens schwere Platten aus Kupfer benutzt, deren weiteres Schicksal weitgehend ungeklärt ist. Die Hinterbliebenen von Johannes Hevelius dürften sie nach und nach der Vernichtung preisgegeben, sie eingeschmolzen oder anderweitig verwendet haben. Die größte Platte jedenfalls tauchte um 1900 als noch einmal in Form eines riesigen Teetabletts wieder auf und ist seit dem verschwunden.

Francesco Maria Grimaldi (1618-1663)

In Bologna in Italien beschäftigte sich der Jesuitenpater und Philosophieprofessor Francesco Maria Grimaldi (1618-1663) ebenfalls mit der Zeichnung von Mondkarten. Eine davon wurde 1651 im "Almgaestum novum" von Giovanni Battista Riccioli (1598-1671), seinem Lehrer, veröffentlicht. Im erläuternden Text ist davon die Rede, daß die Beobachtungen, die zu der Mondkarte führten, mit einem nicht näher bezeichneten "besten Teleskop" für diese Aufgabe gewonnen wurden. Sie ist von besonderem ästhetischen Reiz und braucht einen Vergleich mit den Produkten anderer Zeichner keineswegs zu scheuen, dennoch ist sie weniger genau als die Mondkarte von Hevelius.

Giovanni Battista Riccioli (1598-1671)

Riccioli versuchte sich in seiner kleinen Schrift ebenfalls an einer Nomenklatur, wobei er sich prinzipiell zwar Van Langrens Schema bediente (und 36 Bezeichnungen übernahm), hierbei aber Namen von Wissenschaftlern und Philosophen verwendete, wobei er sich zum Teil auch von persönlichen Wertschätzungen beeinflussen ließ. Seine Namensgebung fand viel Anklang und Beifall und wurde von den südeuropäischen Astronomen quasi sofort übernommen. Dennoch dauerte es nahezu 150 Jahre, bis sich Ricciolis Nomenklatur endgültig durchgesetzt hat. Jahrelang wurde sie parallel zu Hevelius´ System verwandt und ist im wesentlichen noch heute im Gebrauch. So wurden die Krater Tycho, Kopernikus, Kepler, Grimaldi, Platon, Pythagoras, Strabo, Aristoteles, Timaeus, Eudoxus oder Epigenes von Riccioli getauft!

Da aber noch nicht alle Krater auf der Mondoberfläche kartographiert waren, weil sie außerhalb der Reichweite der vorhandenen Teleskope lagen, konnten später noch viele Ergänzungen hinzugefügt werden.

Gerolamo Sersale (1584-1654)

Eine erstaunlich präzise Karte des Vollmondes zeichnete im Juli 1650 der Jesuitenpater Gerolamo Sersale (1584-1654), von deren Existenz man lange Zeit nur durch eine Erwähnung in Ricciolis "Almagestum novum" wußte und die für viele Jahrhunderte verschollen war. Sie befindet sich heute im Naval Observatory of San Fernando in Cadiz.

Christiaan Huygens (1629-1695)

Sporadisch betätigte sich auch Christiaan Huygens (1629-1695) mit der Zeichnung von Mondkarten. Seine Arbeiten der Jahre 1658, 1685 und 1686 zeigen den Erdtrabanten in verschiedenen Phasengestalten, haben aber keinen Einfluß auf andere Mondzeichner ausgeübt und auch keine große Bedeutung erlangt.

Geminiano Montanari (1633-1687)

Während mehrerer klarer Nächte im Oktober 1662 zeichnete Geminiano Montanari (1633-1687), Kartograph und Mathematikprofessor in Bologna und in späteren Jahren Professor für Astronomie und Mathematik in Padua, die zwischen dem 3 und 14 Tage alten Mond liegenden Phasen. Die einzelnen Zeichnungen genügten jedoch kaum hohen Ansprüchen und waren sehr einfach gehalten, so daß es kaum Schwierigkeiten bereitete, Einzelheiten der Mondoberfläche wiederzufinden.

Robert Hooke (1635-1703)

In England veröffentlichte im Oktober 1664 Robert Hooke (1635-1703), Naturforscher und erklärter Gegner der Newtonschen Gravitationslehre eine mit Hilfe von Beobachtungen an einem Teleskops mit 30 Fuß Brennweite erhaltene Zeichnung des Kraters Hipparcos. Weitere Detailbilder von Mondkratern sind in der 1665 herausgegebenen Schrift "Micrographia" enthalten.

Giovanni Domenico Cassini (1625-1712)

Giovanni Domenico Cassini (1625-1712), von 1650 bis 1669 Professor für Astronomie in Bologna, danach Direktor der Pariser Sternwarte, später Entdecker von vier Saturnmonden und der nach ihm benannten Teilung im Saturnring, versuchte sich gleichsam in der Herstellung einer möglichst präzisen Mondkarte. Hierzu beschäftigte er eigens einen französischen Künstler mit Namen Jean Patigny und den Geographen Sébastien Leclerc. Zusammen sollten sie die einzelnen Phasen des Mondes zeichnen, die Cassini dann zu einer 3,60 m durchmessenden Mondkarte zusammenfaßte, wobei er auch eigene Zeichnungen mit einfließen ließ. Als Beobachtungsinstrumente dienten ihnen von Cassini aus Italien mitgebrachte Linsenfernrohre von Guiseppe Campani (1635-1715) mit Öffnungen von 8 und 10cm und 550cm Brennweite. Das Werk war 1679 vollendet und zeigte noch Strukturen mit einem Auflösungsvermögen bis hinunter zu 15 km, wobei das Gebiet um die Krater Petavius und Herklides sowie im Mare Serenitatis besonders zu betonen sind!

Als nächsten Schritt ließ Cassini von dieser Karte eine Kupferplatte mit ungefähr 50 cm Durchmesser herstellen, die er zur Vervielfältigung benötigte. Unverständlicherweise jedoch kam es nicht zu einer Veröffentlichung. Die Beweggründe Cassinis, dieses zu unterlassen, sind nicht bekannt. Erst 1787 wurde sie in einer königlichen Druckerei wiedergefunden, Drucke erstellt und schließlich doch noch herausgegeben.

Im Jahr 1692 veröffentlichte Cassini eine weitere Zusammenstellung von Mondzeichnungen, die auch zwei Arbeiten von Philippe de la Hire (1640-1718), Mathematik- und Architekturprofessor in Paris, enthielt, wobei eine einen Vollmond aus dem Jahr 1682 zeigt. 1702 gab La Hire einen eigenen Katalog mit diversen Mondkarten heraus.

Christopher Wren (1631-1723) - Erster Mondglobus

Einen ersten Mondglobus erstellte in England Christopher Wren (1631-1723), Professor für Astronomie in Oxford, der im Sommer 1661 vollendet und auf Wunsch der Royal Society übereignet wurde und schließlich als Kuriosität im King`s Cabinet landete. Ein weiterer Globus wurde derweil von Matthias Hirzgater (1574-1643) geformt.

Georg Christoph Eimmart (1638-1705)

Die Astronomie in Nürnberg hatte bereits eine lange Tradition, aber auch viele Jahre der Abstinenz von dieser Wissenschaft erlebt, als sich 1678 Georg Christoph Eimmart (1638-1705), Direktor der Malerakademie zu Nürnberg, entschloss, auf der Vestnertorbastei eine Sternwarte zu bauen, die 1691 fertiggestellt wurde. Zu den selbstgewählten Aufgaben Eimmarts zählten die regelmäßige Beobachtung der Sonne, von Sonnen- und Mondfinsternissen, des Zodiakallichtes und der Kometen der Jahre 1664, 1680 und 1682. Hierzu standen ihm mehrere Fernrohre zur Verfügung.

Nach seinem Tode begann seine Tochter Maria Clara, die Arbeiten ihres Vaters zu veröffentlichen und beschäftigte sich selbst, nachdem sie jahrelang an seiner Seite die Fertigkeit des Zeichnen und methodischen Arbeitens erlernt hatte, von 1693 bis 1698 mit Zeichnungen des Mondes, um hieraus eine komplette Karte seiner Oberfläche zu erstellen.

Clara Eimmart heiratete wenige Jahre später den Nürnberger Mathematikprofessor Johann Heinrich Müller, der nach dem Tode seiner Frau deren und seines Schwiegervaters insgesamt 57 Foliobände umfassenden Aufzeichnungen einer Jesuitenschule in Russisch Polen vererbte. Dort lagerten sie etwa ein Jahrhundert und wurden schließlich bei einem Feuer, das die Schule bis auf ihre Grundmauern niederbrannte, restlos vernichtet.

Das 18. Jahrhundert

Es ist schon erstaunlich, wenn man die Geschichte der Mondkarten an der Schwelle des 17. zum 18. Jahrhundert näher betrachtet und dabei feststellt, daß nach den großartigen Arbeiten von Michael Florent van Langren (1600-1675), Johannes Hevelius (1611-1687), Francesco Maria Grimaldi (1618-1663) und Giovanni Battista Riccioli (1598-1671) Georg Christoph Eimmart (1638-1705) sich offenbar kein Mondbeobachter mehr berufen fühlte, dieses Gebiet durch innovative Gedanken und Vorstellungen weiterzuentwickeln. Es hat den Anschein, als ob sie allesamt meinten, daß man der Technik des Mondkartenzeichnens nichts mehr hinzufügen, sie nicht mehr verbessern, könne. Für etwa 50 Jahre wurden keine neuen Karten oder Globen mehr hergestellt und publiziert.

Tobias Meyer

Das sollte sich erst mit dem Wirken Tobias Mayers in Nürnberg ändern. Am 17. Februar 1723 in Marbach in der Nähe von Stuttgart geboren, konnte er erst sehr spät die Schule besuchen, während ihm sein Vater, mittlerweile Brunnenmeister in Eßlingen, Lesen und Schreiben beibrachte. Der Vater starb sehr früh und Mayer kam in die Obhut des vermögenden Eßlinger Bürgermeisters, der dessen außergewöhnliches Zeichentalent förderte, in dem er ihn auf eine Malerschule schickte. Aber auch der Pflegevater segnete alsbald ebenfalls das Zeitliche und so war er gezwungen, sich durch privaten Mathematikunterricht über Wasser zu halten. Mayer zog nach Augsburg, wo er sich im Malen und der Mathematik weiterbildete und erste Arbeiten als Kartograph ablieferte, was ihm wiederum eine Tätigkeit beim renommierten Homannschen Kartographenverlag in Nürnberg einbrachte.

Abends besuchte Mayer, dessen Interesse für die Himmelskunde sich aus dem Begleittext zum 1745 herausgegebenen "Mathematischen Atlas" entnehmen läßt, gelegentlich die Eimmartsche Sternwarte in Nürnberg. Waren seine bisherigen Aktivtäten darauf beschränkt, aus der Beobachtung von Finsternissen, den Bedeckungen der Jupitermonde und Sternbedeckungen durch den Mond die geographische Länge verschiedener Punkte und Orte auf der Erdoberfläche herzuleiten, die in ersten Mond- und Sonnentafeln gipfelten, rückte etwa im Jahr 1747 die genaue Betrachtung der Mondoberfläche in den Mittelpunkt seiner Beobachtungen.

Dabei stellte er in Vorbereitung der Beobachtung einer partiellen Mondfinsternis in der Nacht vom 8. auf den 9. August 1748 fest, daß die bisher vorliegenden Karten von Hevelius und Riccioli zwar für ihre Zeit sehr genau waren, doch seinen hochgesteckten Ansprüchen nicht mehr genügten.

Im Februar 1747 beobachtete er zum ersten Mal mit der Absicht, seine Oberflächendetails mit hoher Genauigkeit auf das Zeichenpapier zu bringen. Dabei setzte er zunächst ein spezielles Doppelfadenkreuz in die Foki von Fernrohren mit 9 und 12 Fuß Brennweite ein. Damit unterschied er sich grundlegend von allen vorhergegangenen Mondzeichnern, die nämlich zur Herstellung ihrer Karten lediglich das umsetzten, was ihnen das Auge an Information lieferte. Jeder, der einmal an einem Teleskop versucht hat, auch nur bestimmte topographische Merkmale der Mondoberfläche ohne Schablone zu zeichnen, wird nachvollziehen können, wie schwierig das ist und welche Leistungen hier vollbracht worden waren!

Tobias Mayer fand jedoch, daß das Ausmessen mit Hilfe des Fadenkreuzes zu ungenaue Ergebnisse lieferte und verwandte daher ein Mikrometer aus Glas, welches ihn in die Lage versetzte, vom 11. April bis 28. August 1749 an 46 klaren Abenden und Nächten vom Gebäude des Homannschen Verlages aus etwa 40 Zeichnungen anzufertigen, deren beste noch Einzelheiten mit einem Abstand von nur 1" aufwiesen!

1750 veröffentlichte er in seiner kleinen Schrift "Bericht von den Mondkugeln" mit, daß er 23 ausgewählte Punkte auf der Mondoberfläche mit dem Mikrometer vermessen habe. Darauf aufbauend, entwarf Mayer eine 35 cm durchmessende Mondkarte, die erstamls mit einem ausgeklügelten Koordinatennetz überzogen war. Leider wurde diese Karte erst 1775 durch Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) veröffentlicht.

Besondere Aufmerksamkeit widmete Mayer dem Krater Manilius am Rande des Mare Vaporum sowie den Kraters Dionysius und Censorius. Aus seiner präzise mit dem Mikrometer vermessenen Position des Kraters Manilius leitete er die unterschiedlichen Erddistanzen und Winkeldurchmesser des Mondes aufgrund seiner ellipsenförmigen Bahn um die Erde, die Libration und die Mondparallaxe ab, konnte aber seinen ursprünglichen Plan, die Lage des Mondäquators zu bestimmen, nicht festhalten. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, sich an den Bau eines 15" durchmessenden Mondglobus heranzuwagen, der jedoch nie vollendet wurde.

Tobias Mayer starb am 26. Februar 1762 in Göttingen im Alter von nur 39 Jahren. Nach seinem Tode faßte der Kartograph Kaltenhofer die 40 Mondzeichnungen Mayers zu einer 20 cm durchmessenden Mondkarte zusammen und fertigte davon einen Kupferstich an, der 1775 von Georg Christoph Lichtenberg unter dem Titel "Opera inedita Tobia Mayer I" herausgegeben wurde. Eine weitere Veröffentlichung der Karte erfolgte 1881 durch Wilhelm Klinkerfues, ebenfalls in Göttingen.

J. H. Lambert (1728-1777)

Mayer war keineswegs der einzige, der im ausgehenden 18. Jahrhundert Mondkarten zeichnete und versuchte, Globen herzustellen. J. H. Lambert (1728-1777) veröffentlichte in seinen "Cosmologischen Briefen" eine Mondkarte, die ebenfalls auf Messungen mit dem Mikrometer basierte und 61 cm durchmaß und aus einer Mitteilung des Engländers John Russel aus dem Jahr 1797 ist ein Hinweis bekannt, daß er mehrere "Mondkugeln" bauen wollte, von der eine 1811 für 60 Taler in den Besitz eines gewissen Herrn Hahn in Remplin überwechselte.

Johann Hieronymus Schroeter (1745-1816)

Johann Hieronymus Schroeter (1745-1816) übernahm 1782 dank profunder Rechtskenntnisse in Lilienthal bei Bremen eine Oberamtmannstelle, die ihm die Möglichkeit eröffnete, sich in der freien Zeit als Amateur der Astronomie widmen zu können. Er erhielt die Genehmigung, im Garten vor dem Amtsgebäude in Lilienthal eine Sternwarte zu errichten, die er mit zwei Spiegelteleskopen aus der bewährten Hand Friedrich Wilhelm Herschels (1738-1822) ausstattete. Nachdem er bereits 1778 in einer kleinen Schrift die Natur der Mondrillen erläutert hatte, beschäftigte er sich seit 1790 mit dem Zeichnen von Mondkarten, die allerdings erst 1791 und 1802 unter dem Titel "Seleno-topographische Fragmente zur genaueren Kenntnis der Mondfläche, ihrer erlittenen Veränderungen und Atmosphäre sammt den dazu gehörogen Specialcharten und Zeichnungen" veröffentlicht wurden.

Das gesamte auf zwei Bände aufgeteilte Werk ist in fünf große Abschnitte und 534 Paragraphen gegliedert mit grundlegenden Beschreibungen der Mondbewegung, der verwandten Zeichen- und Meßtechniken, der Mondländer, von beobachteten Lichtblitzen auf der Nachtseite des Mondes, seiner Topographie und Atmosphäre.

Insgesamt 720 quartformatige Seiten mit 183 Zeichnungen und 43 Kupferstichen zeugen von Schroeters außergewöhnlicher Beobachtungsgabe, wenn er auch mit mancher Schlußfolgerung nicht unbedingt ins Schwarze getroffen hat. Die Zeichnungen dieses im damals 450-Seelen-Dorf Lilienthal herausgegebenen Standardwerks der Selenographie sind von hoher Qualität und zeigen Einzelheiten von bis dato nie gekannter Fülle.

Das 19. Jahrhundert

Im Gegensatz zu den Arbeiten früherer Jahrhunderte trat auch bei den Zeichnungen der Mondoberfläche der wissenschaftliche Gedanke mehr und mehr in den Vordergrund. War man sonst eher darauf bedacht, das im Okular Erblickte für die Nachwelt zeichnerisch festzuhalten, unternahm man jetzt auch angesichts deutlich verbesserter Instrumente zunehmend Anstrengungen, auf der Grundlage hochgenauer Karten die Topographie der Mondoberfläche zu ergründen und Modelle für die Entstehung der Formationen zu entwerfen.

Wilhelm Gotthelf Lohrmann (1796-1840)

So kam es, daß herausragende Zeichnungen wie die Schroeters schon bald von noch genaueren und besseren überholt wurden. In Dresden begann der Mathematiker und Kartograph Wilhelm Gotthelf Lohrmann (1796-1840), Vermessungsbeamter in Sachsen und Amateur wie Schroeter, mit dem Entwurf einer Generalkarte des Mondes. Als Beobachtungsinstrument diente ihm hierbei ein 12cm Fraunhofer-Refraktor, der auf dem Dachboden seines Hauses im Süden Dresdens aufgestellt war. Er teilte die Karte in 25 verschiedene Bereiche mit einer Kantenlänge von jeweils 19,3 cm auf, die schließlich einen Mond mit einem Durchmesser von 96,5 cm ergeben würde. Die angestrebte Präzision wurde dadurch erreicht, daß 80 feststehende Punkte von aus 433 Mikrometermessungen bekannten Positionen von Formationen auf der Mondoberfläche markiert waren.

Julius Schmidt (1825-1885)

Angekündigt hatte Lohrmann sein Vorhaben bereits 1824 in der Abhandlung "Topographie der sichtbaren Mondoberfläche". Als er 1840 an Typhus verstarb, waren von den geplanten 25 Teilkarten jedoch nur vier tatsächlich vollendet, teilweise in Kupfer gestochen und zu seinen Lebzeiten veröffentlicht. Es ist dem Astronomen Julius Schmidt (1825-1885), Mondbeobachter wie Lohrmann, aber professioneller Astronom und Direktor der Sternwarte zu Athen, und dem Umstand, daß der damals bereits existierende Johann Ambrosius Barth Verlag in Leipzig weitere Teilkarten von Lohrmann erhalten hatte, zu verdanken, daß die Karte schlußendlich doch noch fertig wurde. Nachdem er 34 Jahre lang eigene Beobachtungen und Zeichnungen gefertigt hatte, gab er 1878 zunächst in Leipzig die nunmehr von ihm selbst vervollständigte "Mondcharte in 25 Sectionen" unter Lohrmanns Namen heraus und veröffentlichte seine eigenen Arbeiten im gleichen Jahr nach siebenjähriger Arbeit in Berlin unter dem Titel: "Charte der Gebirge des Mondes". Sie besaß einen Durchmesser von 195cm und enthielt etwa 30.000 einzelne Krater. Schmidts Karte war ohne Zweifel die beste, die im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden ist. Allerdings nahm er zu genauen Lokalisierung der Mondformationen keine eigenen Messungen vor, sondern stützte sich hierbei auf die entsprechenden Arbeiten Lohrmanns, Mädlers und Neisons.

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Johann Heinrich Mädler (1794-1874)

Die vier ersten veröffentlichten Karten Wilhelm Gotthelf Lohrmanns (1796-1840) weckten das Interesse des Berliner Bankiers und Amateurastronomen Wilhelm Beer (1797-1850) und seines Freundes, des späteren Direktors der Sternwarte zu Dorpat, Johann Heinrich Mädler (1794-1874).

Am 29. Mai 1794 in Berlin geboren, zeigte sich bei Mädler schon sehr früh eine Begabung für die Mathematik, zu der sich später ein lebhaftes Interesse an der Astronomie gesellte. Dennoch schlug er keine wissenschaftliche Laufbahn ein, sondern fand nach dem Abitur eine Anstellung beim Berliner Seminar für Volksschullehrer und 1817 am Königlichen Lehrerseminar als Schönschreiblehrer. In seiner Freizeit jedoch blieb er der Himmelskunde treu und lernte in dieser Zeit auch den Amateurastronomen und vermögenden Bankier Beer kennen. Etwa um 1824 entschlossen sich beide, auf dem Grundstück Beer am Berliner Tiergarten eine Privatsternwarte zu errichten, die schon bald mit einem 97/1460 Refraktor von J. W. Pastorff (1767-1838) aus Buchholz bei Frankfurt an der Oder bereichert werden konnte.

Mädler und Beer bedienten sich nun der vier veröffentlichten Karten Lohrmanns für ihre eigenen Mondbeobachtungen, wobei neben der Erfassung rein morphologischer Strukturen jene auch erstmals mit hoher Genauigkeit vermessen wurden. Diese gemeinsame Arbeit gipfelte in der 412 Seiten umfassenden, quartformatigen "Mappa Selenographia" (vollständiger Titel: "Der Mond nach seinen kosmischen und individuellen Verhältnissen oder allgemeine vergleichende Selenographie"). Auch hier musste eine enorme Vorarbeit in Form von Berechnungen von Länge und Breite markanter Strukturen auf der Mondoberfläche, der Ableitung von Berghöhen aus dem Schattenwurf und der Zeichentechnik allgemein geleistet werden, bevor man an die eigentliche Aufgabe herantreten konnte. Anders als Lohrmann entschlossen sich jedoch Mädler und Beer, die sichtbare Mondoberfläche nicht in 25, sondern nur in 4 Teilbereiche aufzugliedern, wobei die einzelnen Blätter eine Höhe von 18 Zoll hatten. Rund 600 klare Nächte an einem 94mm Refraktor mussten aufgewendet werden, 830 Messungen von Mondberghöhen vorgenommen und aufwendige Berechnungen der Positionen im schon von Lohrmann verwendeten Koordinatennetz durchgeführt werden, bis am Ende 104 28x20 cm große Karten vorlagen, die in mühevoller Kleinarbeit gezeichnet worden waren. Zusammengesetzt ergaben sie einen Mond mit einem Durchmesser von 192 cm.

Später wurde diese Karte dann aus drucktechnischen Gründen auf einen Durchmesser von rund 95 cm verkleinert, in den Jahren 1834-1836 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und von vielen Astronomen, allen voran Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846) mit Begeisterung aufgenommen.

Die "Mappa Selenographia" enthielt jedoch nicht nur die Mondkarten, die zweifelsfrei zu den besten seiner Zeit gehörten, sondern auch eingehende Beschreibungen der Mondformationen wie Maria, Bergrillen oder die Strahlensysteme des Kraters Tycho.

1837 erschien dann zusätzlich die "Generalkarte der sichtbaren Mondoberfläche", für die Mädler allein verantwortlich zeichnete. Gewissermaßen als Extrakt der "Selenographia" gab er 1839 die 120seitige "Kurzgefaßte Beschreibung des Mondes" heraus und schloß damit gleichzeitig seine Beobachtungen des Mondes ab.

Die von Johann Heinrich Mädler (1794-1874) und Wilhelm Beer (1797-1850) in Berlin erarbeitete "Mappa Selenographia" setzte Maßstäbe, an die sich künftige Mondzeichner halten mussten.

Anläßlich einer Naturforschertagung in Bad Pyrmont im Herbst 1839 stellte die Hofrätin Wilhelmine Witte (1777-1854) Mädler einen 13 Zoll durchmessenden, aus zwei aneinandergefügten Halbkugeln zusammengesetzten und einer Mixtur aus Wachs und Mastix bestehenden Mondglobus vor, der nach seinen Karten entstanden war. Die Begegnung Mädlers mit der Hofrätin Witte hatte für sein künftiges Leben übrigens erhebliche Bedeutung, denn hier lernte er ihre älteste Tochter Minna kennen, die er bald darauf ehelichte.

Mädler war derart angetan von dem Globus, daß er ihn nach Berlin mitnahm und ihn einigen hochangesehenen Honoratioren, so dem Naturforscher Alexander von Humboldt, später sogar dem englischen Astronomen John Herschel (1792-1871) vorführte. Mädlers Erben schließlich stifteten den Globus dem Kestner-Museum in Hannover, von wo aus er ins Museum am Hohen Ufer gelangte.

Weitere Entwicklung

Etwa zur gleichen Zeit als Julius Schmidt die vier Karten Wilhelm Gotthelf Lohrmanns (1796-1840) für eine Veröffentlichung vorbereitete, erschien in England das Buch "The Moon, and the Condition and Configurations of Its Surface" (1876) von Edmond Neison (Royal Astronomical Society). Es stellte gewissermaßen eine auf 576 Seiten ausgedehnte Erweiterung und Verbesserung der Mädlerschen und Beerschen "Mappa Selenographia" dar und enthielt 22 Karten mit einer sehr ausführlichen Beschreibung der darauf eingezeichneten Formationen, die in einigen Regionen sogar mehr Details enthält, als die Mädlersche. Bereits 1874 hatten der Ingenieur James Nasmyth und der Astronom James Carpenter in ihrem Buch "The Moon: Considered as a Planet, a World, and a Satellite" 24 großmaßstäbliche Mondkarten, erstmals Photographien von Modellen der Mondoberfläche und einige beeindruckende Holzschnitte veröffentlicht.

In der zweiten Dekade des 19. Jahrhunderts begann sich neben der Zeichnung ein neues Medium zur Dokumentation durchzusetzen: Die Fotografie. Im Jahr 1839 unternahm der Erfinder der fotografischen Platte - Louis Jacques Daguerre - den ersten, allerdings noch wenig erfolgreichen, Versuch, den Mond abzulichten. Doch diese Technik wurde rasch verbessert und so veröffentlichten 1896 in Paris M. Loewy und P. Puiseux den ersten mit der neuen Technik aufgestellten Mondatlas: "Atlas Photographique de la Lune". Bereits 1899 gaben sie einen weiteren Band heraus: "Atlas Lunaire", der insgesamt 53 Aufnahmen wiedergab. Während dessen erschien in den USA 1896 und 1897 der "Lick Observatory Atlas of the Moon".

Johann Nepomuk Krieger (1865-1902)

Johann Nepomuk Krieger (1865-1902), Amateurastronom und Selenograph in Bayern, unternahm dann als erster den diffizilen Versuch, Photographien des Mondes mit Zeichnungen zu vereinen. Dabei wandte er eine spezielle, von ihm selbst entwickelte Technik an: Von den Originalnegativen des Lick-Observatory in den USA und der Pariser Sternwarte fertigte Krieger zunächst hohe Vergrößerungen an und beobachtete den betreffenden Bereich der Mondoberfläche unter den unterschiedlichsten Beleuchtungsverhältnissen. Erst dann wurde mit der Zeichnung begonnen, die immer wieder korrigiert und verbessert wurde. Krieger benötigte eine gewisse Zeit, bis er seine Zeichentechnik so weit entwickelt hatte, daß er mit seinem größten Projekt beginnen konnte: Einer Mondkarte mit einem Durchmesser von 3,5 m (!). Die Beobachtungen führte er mit einem auf 6,5" abgeblendeten 10,5"-Refraktor mit 330 cm Brennweite bei einer Vergrößerung von 260x aus. Leider wurde die Karte, die alles bisherige zweifelsohne in den Schatten gestellt hätte, nie fertig, da Krieger im Alter von nur 38 Jahren verstarb, gerade, als er mit den ersten Zeichnungen begonnen hatte.

Julius Franz (1847-1913)

Gegen Ende des Jahrhunderts zeichnete Julius Franz (1847-1913) erstmals Höhenkarten der Mondoberfläche, wobei er als Nullmarke (entsprechend der Meereshöhe auf der Erde) die (vermutete) Höhe des Mondnord- und -südpols verwendete. Die Erkenntnis daraus lautete, daß in der Tat die als Gebirge identifizierten Regionen hoch, die Mare hingegen tief lagen.

Das 20. Jahrhundert

Die Fotografie hielt immer mehr Einzug in die Astronomie und speziell die Mondbeobachtung. William H. Pickering (1858-1938) vom Harvard College Observatory veröffentlichte 1903 einen "Photographic Atlas of the Moon".

Johann Philipp Heinrich Fauth

Der letzte große Mondzeichner, der sich bei seiner Arbeit auf Auge, Papier, Griffel und Radierstift verließ, war Johann Philipp Heinrich Fauth. Geboren am 19. März 1867 in Bad Dürkheim, stieß er als waschechter Amateur zur Astronomie und bestritt erst als Volksschul-, später als Hochschullehrer seinen Lebensunterhalt. Am meisten faszinierte ihn das intensive Studium der verschiedenen Mondformationen, das er mit einem 6"-Refraktor begann und ab 1911 mit einem 385//3850 Schupmann-Medial auf seiner Privatsternwarte in Landstuhl fortsetzte. Sein Beruf ließ ihm zudem viel Zeit für ausgedehnte Beobachtungen.

Fauths Zeichnungen der Mondoberfläche, die von bestechendem Detailreichtum waren, führten schließlich zu einem umfangreichen Mondatlas und einer 350 cm durchmessenden Mondkarte im Maßstab 1:1.000.000. Die Karte selbst besteht aus 25 einzelnen Blättern im Format 695 x 695 mm, wobei allerdings 3 zu einer Übersichtskarte zusammengefaßt waren. Jede von ihnen überlappte sich etwas mit den aneinanderliegenden, so daß sich daraus eine wahrhaft umfassende Darstellung ergibt, die wohl kaum einen der mit dem Fernrohr erreichbaren Krater, Rillen, Bergketten, Einbuchtungen oder Mare ausließ.

Auch Fauth verließ sich bei der Bestimmung markanter Punkte auf der Mondoberfläche nicht mehr ausschließlich auf sein Auge und das reichlich vorhandene Zeichengeschick. Aus Photographien des Mondes und dem großen Pariser Mondatlas vermaß er insgesamt 4800 Punkte, bevor er mit dem Zeichnen begann. Er wählte hier außerdem erstmals die Technik der Isohypsen für seine Darstellungen.

In seinem Buch "Unser Mond" lieferte Fauth eine eingehende Beschreibung der beobachteten Formationen, seine gigantische Mondkarte wurde jedoch erst am 11. Oktober 1964, fast 40 Jahre nach ihrer Entstehung, auf Initiative der Bremer Olbers-Gesellschaft, vollständig veröffentlicht und gilt heute als ausgesprochene Rarität. Zuvor waren die Karten von Fauths Sohn von 1957 bis 1959 neu bearbeitet und für moderne Drucktechniken vorbereitet worden.

1932 entdeckte Fauth, der am 4. Januar 1941 in Grünwald bei München verstarb, südlich vom Kopernikus im Gebiet zwischen Sinus Aestuum und Oceanus Procellarum bei 6° nördlicher selenographischer Länge und 20° westlicher Breite einen Doppelkrater, der später nach ihm benannt wurde.

Walter Goodacre

Nach Fauth versuchten nur noch wenige, den Mond mit dem Bleistift auf Papier zu bannen: 1910 veröffentlichte Walter Goodacre (1856-1910) in London eine Zusammenstellung unter dem Titel "The Map of the Moon" 1946 und 1952 folgten noch einmal gigantische Mondkarten des Engländers H. P. Wilkins (1896-1960) mit Durchmessern von 7,5m bzw. 2,5m. 1935 wurde dann im Auftrag der IAU der "Atlas of the Moon" von Mary Adela Blagg (1858-1944) und William Henry Wesley (1841-1922) vorgestellt. Heute ist die Zeichnung von Details der Mondoberfläche nur noch ein Arbeitsfeld einiger weniger engagierter Amateure.

Mondkarte heute

Die Fotografie der Mondoberfläche zur Kartographie wurde dann in den 60er Jahren unseres Jahrhunderts durch die Missionen diverser amerikanischer und russischer Mondsonden abgelöst.

Stöbern Sie in der hochaufgelösten Mondkarte Online hier auf www.Der-Mond.de. Diese finden Sie unter "Mondkarte" » "Alle Mondformationen im Überblick"

Mondkarte der Nasa (1979)

1979 veröffentliche die Nasa eine detailierte Mondkarte mit Bezeichnungen von Formationen

Download der NASA-Mondkarte (hochauflösend)